Gerald Müller-Simon In memoriam
Gerald Müller-Simon: In memoriam
Eröffnung am 19. Januar 2024, 19 Uhr im Gohliser Schlösschen
Unvergessen ist Gerald Müller-Simon als spätimpressionistischer Stadtlandschaftsmaler und Chronist seiner Heimatstadt Leipzig. Unvergessen wird er auch all jenen bleiben, deren Wände seine Werke zieren, deren Augen immer und immer wieder über die schrundigen Oberflächen seiner pastosen Malereien gleiten und die sich erfreuen am Wechselspiel der Farben im changierenden Tageslicht. Vor allem aber bleibt er jenen in Erinnerung, die diese bescheidene, stets freundliche und zurückhaltende Künstlerpersönlichkeit haben kennenlernen dürfen.
Über sechs Jahrzehnte hinweg schuf Gerald Müller-Simon unzählige Impressionen seiner Heimat, seines geliebten und intensiv studierten Leipzigs, dessen historische Bauwerke und Straßenzüge ihn bis zuletzt inspirierten. In dieser Stadt hat sich der Maler gefunden, seinen Malstil entwickelt und unbeirrt, in sich ruhend, weiterentwickelt. Seine Farbpalette korrespondierte stets mit der Umgebung, die sie fassen sollte. So braun und grau die Stadt einst war, so waren es auch die Gemälde Müller-Simons vor allem in den 1980er Jahren, als er den kaum abwendbaren Zustand des Verfalls seiner Heimat miterleben musste. Die Häuser begannen zu wackeln, kippten mitunter, so wie die Unikirche zuerst 1968 durch Sprengstoff und dann 1986 in Öl durch die Hand des Malers. Aber nicht nur die Häuser wurden instabil, auch deren Bewohner und der gesamte DDR-Staat. Nachdem der Kipppunkt überschritten war und neue, anfänglich auch hoffnungsvollere Zeiten nach der Wiedervereinigung anbrachen, hellte sich auch zunehmend Müller-Simons Farbpalette auf. In den 1990er Jahren wurde aus Grau mehr und mehr Blau, und als die ruinösen Bauten zunehmend wie Phoenix aus der Asche wiederauferstanden, zogen immer mehr Farben in Müller-Simons Werke ein. In seiner letzten Schaffensphase bis zur endgültigen Niederlegung seines Malbesteckes am 19. Januar 2023 schuf er farbgewaltige Impressionen, die im wahrsten Sinne des Wortes in voller Blüte standen: Saftig leuchtende Vegetation nahm sich immer mehr Raum in der wiederauferstandenen Stadtkulisse, paradiesische Zustände waren in das einst rottende Leipzig eingekehrt und manifestierten sich in den Gemälden.
Nicht unerwähnt sollen auch andere Teile seines Oeuvres bleiben. Bis in die frühen 1980er Jahre war es vor allem die Keramik, die die Künstlerfamilie nährte und von Gerald Müller-Simon mit viel Phantasie und Tatendrang geschaffen wurde. Zudem entstanden auf seinen Stadtspaziergängen immer auch Zeichnungen in Blei – die Ausführung dieser Szenen in Öl wiederum erfolgte in täglicher Atelierarbeit. In der Natur, auf Reisen oder im heimischen Garten, war es wiederum die alte Technik der Sepiazeichnung, die Müller-Simon mit Passion betrieb und mit der er die diffizile Stimmung und das Licht der Provence oder Italiens zu greifen verstand.
Ein Jahr nach Gerald Müller-Simons Tod möchten die Galerie Koenitz in Zusammenarbeit mit dem Gohliser Schlösschen diesem bedeutenden Maler Leipzig in seinem Stadtteil nochmals die Ehre erweisen und zeigt vom 19. Januar bis 17. Februar 2024 eine retrospektive Schau seiner Werke sowohl in der Galerie als auch im Gohliser Schlösschen.
Ferne Gefilde
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